Serbin, Lee Co. Texas 14 November 1876
Rev. F. J. Biltz, Concordia, Mo.
Right Reverend dear President!
Enclosed you will find an original letter delivered to me by Pastor Geyer, with the request to send it back to me, and a copy of my reply sent to
him. You will see from both letters that a conflict has arisen between Pastor Geyer and me. Pastor Geyer is for coercion and servitude, while I am for
freedom and freedom of choice, which in all cases should take place between congregations of the same confession when there is no church discipline
involved, but only by children who lost their way and desire there to have their mother tongue. I do not remember reading that the prodigal son was
restrained by the citizen to whom he had attached himself. (Luke 15:15) Naturally I insist upon only this point and reject all uncharitable demands. I
do not want any comparison of persons and circumstances, but will therewith only prove that all prison-like retention of such who hold other opinions
is unbiblical and unchristian.
It is a well-known fact that most of the members of St. Peter’s Congregation are Wends, who probably understand some of the German language but who
are unable to follow the train of thought of a German sermon and therefore when the schismatic spirit no longer keeps them captive will demand to hear
God’s word in their mother tongue. The manifestation of such demand is not a false pretext.
Wojto (man and wife and no small children) and Gano (man and wife and no small children) are such families. During the vacancy, before the arrival of
Pastor Geyer, they attended the Wendish mother congregation headed by me. I found out after the final date that St. Peter’s congregation had set a
deadline by which those who wanted could change over to our Wendish congregation. Two families observed the deadline and came to us.
Jus
vigilantem sublevat. Wojto and Gano, like me, did not hear of deadline in time, or in their simplicity did not pay attention to it. They
missed the deadline and have to stay in the prison. Fortunately, they are free to attend public Wendish preaching, even though for now Wendish
Communion is not open to them.
During the very lively conference which we Texan pastors of the Missouri Synod held in Big Cypress from September 17 to 20 this year, Pastor Geyer in
the afternoon session on September said in all earnestness, that he does not transfer anyone from his congregation, come what may. He certainly deals
accordingly. For my part I fought for the principle of freedom and freedom of choice and now want to see if the Missouri Synod agrees with the
principle for which I fought or the principle of coercion and slavery. I stand ready to go through all proceedings. As District President you are my
first procedural appellant.
For taking this matter so seriously I am moved by Dr. Luther, who in his publication “Wider die himmlischen Propheten” [Against Heavenly Prophets]
which brilliantly portrays Christian freedom. There it also deals with a free external thing, like the membership to this or that orthodox
congregation, is about the suspension of the Sacrament, which Dr. Carlstadt gave out as forbidden. There Luther wrote: “Here there is no jest about
Christian freedom. We want it as pure and undamaged as our faith, even if an angel from heaven says differently. It cost our dear faithful Savior and
Lord Jesus Christ too much; we dare not let its loss interfere with salvation.” (Hans Luft’s Wittenberger Publication of the Works of Luther, 2nd
Folio Volume, opposite page 31)
With Pastor Stiemke, to whom I lost the 7th elder circuit of my congregation, I stand on friendly terms with evangelical freedom. Not long ago Pastor
Stiemke immediately released a family in his congregation who had moved to another house and wanted to transfer back to my congregation. That is the
blessed practice of Christian freedom, to live where one pleases, which should prevail between all congregations of the same confession.
But Pastor Geyer does not want this evangelical freedom and freedom of choice. Thereby the curse which came about through the schism in Serbin has
been increased by Pastor Geyer and evangelically decreased by Pastor Stiemke.
The honorable president should be disposed to see how the statutory force now has been initiated by the leaders of St. Peter’s congregation. For also
I have been sickened by such legality and am saddened to hear the lamentation which Wojto and Gano express.
With the request that these disturbed souls that now again have been forced into German nationalism should soon be brought the benefit of freedom and
may be made joyous, I remain faithfully yours in the Lord,
Johann Kilian, Pastor.
[Biar]
Serbin, Lee Co. Texas 14 November 1876
Rev. F. J. Biltz, Concordia, Mo.
Hochwürdiger Herr Präses!
Sie empfangen anbei eine an mich gelangte Zuschrift des Pastors Geyer im Original mit der bitte, mir dieselbe zurückzustellen, und meine an ihn
gesandte Antwort, welche Sie behalten sollen, in Abschrift. Aus beiden Schriften werden Sie ersehen, daß zwischen dem Pastor Geyer und mir ein
Conflict entstanden ist. P. Geyer ist für Zwang und Knechtung, ich aber bin für Freiheit und Freizügigkeit, welche zwischen Gemeinden desselben
Bekenntnisses in allen Fällen stattfinden soll, wo keinerlei Kirchensucht vorliegt, sondern nur von verirrten Kindern die Muttersprache begehrt wird.
Ich habe ja doch nicht gelesen, daß der verlorne Sohn von dem Bürger, an den er sich gehänget hatte, (Luc. 15, 15), zurückgehalten worden wäre. Ich
urgi[e]re natürlich bloß diesen einzigen Punkt und weise alle unliebsamen Folgerungen ab. Ich will keine Vergleichung der Personen und Umstände,
sondern will damit bloß beweisen, daß alles zuchthausmäßige Festhalten solcher, die andere Sinnes geworden sind, unbiblisch und unchristlich ist.
Offenkundig ist die Wahrnehmung, daß die meisten Glieder der St. Petri Gemeinde Wenden sind, welche von der Deutschen Sprache wohl etwas verstehen,
aber dem Gedankengang einer Predigt deutsches nicht gehörig folgen können, und daher, wenn sie der schismatische Geist nicht mehr hält Gottes Wort in
ihrer Muttersprache zu haben verlangen. Die Kundgebung solchen Verlangens ist kein falscher Vorwand.
Solche Familien sind Wojto (Mann und Frau, keine kleine Kinder) und Gano (Mann und Frau, keine kleine Kinder). Diese haben in der Vacanz vor der
Ankunft des Pastors Geyer zur Wendischen Muttergemeinde, welcher ich vorstehe, sich begeben. Man hatte aber in der St. Petri Gemeinde, wie ich erst
nach dem Thorschluß erfahren habe, einen Termin festgesetzt, bis zu welchen zu unserer Wendengemeinde übertreten dürfte, wer da wollte. Zwei Familien
haben den Termin in Acht genommen, sind zu uns gekommen und sind auch entlassen.
Jus vigilantem sublevat. Aber Wojto u Gano haben diesen
festgesetzten Termin entweder wie ich nicht in Zeiten erfahren oder in ihrer Einfältigkeit nicht beachtet. Sie haben den Termin verpaßt und müssen nun
im Zuchthaus bleiben. Ein Glück ist nur, daß ihnen wenigsten die öffentliche Wendische Predigt frei bleibt, wenn ihnen auch das Wendische Abendmahl
verwehrt nun einstweilen werden muß.
Der Herr Pastor Geyer hat in der sehr lebhaften Conferenz, welche wir Texanische Geistliche der Missouri - Synod in Big Cypress bei Houston vom 17ten
bis zum 20 sten September d. J. hielten, am 19 September in der Nachmittagssitzung allen ernstes erklärt, daß er keinen von seiner Gemeinde abgehen
ließe, es [käme], zu was es wollte. Darnach handelt er nun auch. Ich für meine Person habe dort für meinen Grundsatz der Freiheit und Freizügigkeit
gefochten und will nun sehen ob in der Missouri-Synode der Grundsatz, den ich verfechte, oder der Grundsatz des Zwanges und der Knechtung gilt. Ich
habe Lust durch alle Instanzen zu gehen. Sie sind als Districtspräses die erste Instanztür Appellation.
Das ich die Sache so ernstlich nehme, dazu bewegt mich D. Luther, welcher in der Schrift "Wider die himmlischen Propheten" die christliche Freiheit
glänzend vertritt. Da handelte es sich auch um ein frei, äußerlich din, wie die Zugehörigkeit zu der od. jener rechtgläubigen Gemeinde ist um die
Aufhebung des Sacraments, welche D. Carlstad für verboten ausgab. Da schreibt aber Luther: "Es ist hie kein Scherz mit der christlichen Freiheit. Die
wollen wir so rein und unversehrt haben, als unsere Glauben, wenn auch ein Engel vom Himmel anders sagete. Sie hat unsern lieben getreuen Heiland und
Herrn Jesum Christum zu viel gestanden, wir mögen ihrer bei Verlust der Seligkeit nicht gerathen."Hans Luft'sche Wittenberger Ausgabe der Werke
Luthers 2ter Folioband, die andere Seite des Blattes 31.
Mit dem Pastor Stiemke, durch welchen ich den 7ten Vorsteherkreis meiner Gemeinde verloren habe, stehe ich im freundlichen Verhältniß der
evangelischen Freiheit. Anmeldung beim P. Stiemke u Abmeldung bei mir ist die Ordnung für diejenigen meiner Gemeindeglieder, welche zur Gemeinde des
P. Stiemke übergehen. Und P. Stiemke hat mit seiner Gemeinde ohnlängst eine Familie, die ihre Wohnung veränderte und zu meiner Gemeinde zurücktreten
wollte, sofort entlassen. Das ist die segensreiche Praxis der christlichen Freizügigkeit, die zwischen allen Gemeinden desselben Bekenntnisses
herrschen sollte.
P. Geyer, aber will diese evangelische Freiheit u. Freizügigkeit nicht. Sonach wird der Fluch, der durch die Schismen über Serbin gekommen ist, durch
P. Geyer geschärft und durch P. Stiemke evangelisch gemildert.
Das hochwürdige Präsidium wolle geneigtest zusehen, wie es dem gesetzlichen Zwange steure, den die Führer der St. Petri Gemeinde jetzt einleiten Den
auch ich werde durch solche Gesetzlichkeit gekränkt und muß mich betrüben wenn ich den Jammer höre den Wojto u Gano äußern.
Mit dem innigen Verlangen, das diese beunruhigten Seelen, die nun wieder ins Deutschthum hineingezwungen werden sollen, bald zum Genuß ihrer Freiheit
gebracht u fröhlich gemacht werden mögen, verbleibe ich im Herrn
Ev Hochwürden ergebener Johann Kilian, P.
[GRN; Biar]