Dresden, January 16, 1876
My Dear Cousin!
Already for a long time I carried with me the thought, to write you a line, but have often stopped, I am always afraid, you are less interested to be
able to put up with me; yet now I will no longer delay, to at least say to you, after you place in view the visit to your old homeland, that we look
foward to the chance to warmly make glad your visit.
I have certainly thought about it several times, but your indispensability did not allow the hope to arise. Now you will be welcomed all the more by
us! Perhaps you will write yet again before your departure. It could possibly be, that I go to Toeplitz in the summer for a couple of weeks because of
a rheumatic illness, but I can arrange that for me completely according to your wish, if I only know at what time you are about to come.
You mentioned in your letter, that I should recount for you something about my experience of the last war, but I unfortunately had no presence in it.
All military workshops, under my laboratories had to remain back and we had to console ourselves, to continue diligently for the welfare of the army.
The purpose was equally at the front or behind (the front), to carry on the war into enemy territory. The need for munitions was also important to our
army Corp and then also already a priority in peace after the war, always a definite amount of munitions was held in reserve, thus we also had to send
on strong munition transportations at last as far as Paris. Therefore there were no Sundays, but everyone worked with joy. It was a great elevating
time. To have this experience, one must consider himself lucky. Such an enthusiam, as after fear awaiting the first reported news of victory. Already
after the word, I was accustomed to hold for our cause. That one must endure to allow the great general staff from the beginning on toward the
introduction of the war both now and later concerning the upper leadership of the same, for one to know his management as standard almost without
equal. Above all, carry the work and the diligence of peace, as his good fruit. I have now had enough leisure, to study the work that came about on
account of the war, but I have also found, that at various times it is not easy to win.
You have perhaps wondered, that I already with 58 years as an invalid have entered the retired list, but I already after 38 long years of working
time and since 23 years in one (job), especially in the last 10 years a very streneous position, I thus felt, that it was time, (as) I had become
very nervous, the eyes weaker and struggling with abdominal difficulty. Now I can diligentlly take rest!
Did you know it was in August of last year that we lost our good brother Robert through death. He died of a heart attack, after he since the previous
Christmas was laid low of liver pain and until his death had not completely regained his good condition. I have always been thankful, that we 5
siblings were allowed together so long. But now has come also our time of departure. Nevertheless, I lament Robert’s death very much, as I have him on
a new attractive bliss; a friendly gentleness has stretched out over his complete being. Six weeks before his death he was yet with me and we would
come over to each other often to see us.
The widow leads on the business with the 2nd son. Robert’s son’s first wife is finally a teacher in Meiszen, he followed his father in November of
last year. Unfortunately this our good brother produced much grief and worry through his confused life style. – On the last 2nd Christmas holiday,
also the wife, your old friend Graf in Coellen near Meiszen, died of brain inflammation. Her youngest child is also not yet out of school. – The
sisters Ottilie and Clotilde find themselves well so far, the first would desire better strength, she drives me, while Clotilde (manages) the
household of brother-in-law Wetzke. Both rejoice greatly to see you again this year and I will be inordinately interested to submit to learn more
details about your family and your life. America has in general always appealed to me. I would like to know of its mountain formations, its powerful
streams, its vegetation.
The sister greets you warmly in the hope of a Merry Christmas. Greet also your wife and your children.
Your dear Cousin
A. Kilian
Major in Military Service
My home is at: Rosenweg # 29
[H. Melvin Symmank]
Dresden den 16ten Jan. 1876
Mein lieber Vetter!
Schon lange trug ich mich mit dem Gedanken, an Dich einige Zeilen zu richten, aber offen gestanden, ich fürchtete immer, Dir wenig Interessantes
bieten zu können; nun will ich doch nicht länger säumen, um Dir wenigstens zu sagen, nachdem Du den Besuch Deines alten Heimathlandes in Aussicht
stelltest, daß wir uns herzlich freuen diesem Deinen Besuche entgegensehen zu dürfen.
Wohl habe ich einige male daran gedacht, aber Deine Unabkömmlichkeit ließ diese Hoffnung nicht aufkommen. Nun um so mehr wirst Du uns allen
willkommen sein! Vielleicht schreibst Du noch einmal vor Deiner Abreise. Es könnte möglich sein, daß ich im Sommer einiger rephmatischer Leiden wegen
auf ein Paar Wochen nach Töplitz ginge, aber ich kann mir das ganz nach Belieben einrichten, wenn ich nur weiß, um welche Zeit Du etwa kommst.
In einem Deiner Briefe hast Du erwähnt, ich solle Dir doch etwas von meinen Erlebnissen des letzten Krieges mittheilen; aber dem habe ich leider gar
nicht beigewohnt. Alle Militär-Werkstätten, darunter mein Laboratorium mußten zurückbleiben u. wir mußten uns damit trösten, für das Wohl der Armee
fleißig fortzuarbeiten. Es lag gleich von vorn herein die Absicht vor, den Krieg in Feindes-Land zu tragen. Der Verbrauch an Munition war auch bei
unserm Armee-Corps ein bedeutender u. wenn auch schon im Frieden für den Krieg ein bedeutendes, stets bestimmtes Munitions-Quantum vorräthig gehalten
wird, so muß doch dann dieses im Kriege stets complett erhalten werden, wie ich dann auch starke Munitions-Transporte zuletzt bis vor Paris
nachgesendet habe. Sonntage gabs damals nicht, aber jedermann arbeitete mit Freuden. Es war eine große, erhebende Zeit. Sie erlebt zu haben, muß man
sich glücklich preisen. Welch ein Enthusiasmus, als nach banger Erwartung die ersten Siegesbotschaften eintrafen. Schon nach Wörth hielt ich unsere
Sache für gewonnen. Das muß man dem deutschen, großen Generalstabe lassen, vom Anfang an bei den Einleitungen zum Kriege sowohl, als auch später bei
der obern Führung desselben, erwiesen sich seine Dispositionen als musterhaft, fast ohne Gleichen. Ueberhaupt trug die Arbeit u. der Fleiß des
Friedens, seine guten Früchte. Jetzt habe ich Muße genug gehabt, die über den Krieg erschienenen Werke zu studiren, aber doch auch gefunden, daß es
verschiedene Male gar nicht leicht war, zu siegen.
Du hast Dich villeicht gewundert, daß ich schon mit 58 Jahren mich als Invalid in den Ruhestand begab, aber nach 38 jähriger Dienstzeit u. seit 23
Jahren auf einem, namentlich in den letzten 10 Jahren sehr anstrengenden Posten, fühlte ich doch, daß es Zeit sei, ich war sehr nervös geworden, die
Augen schwächer u. mit Unterleibsbeschwerden kämpfte ich schon lange. Jetzt nun kann ich fleißig ausruhen!
Daß wir im August v. J. unsern guten Bruder Robert durch den Tod verloren, weißt Du, er starb am Herzschlag nachdem er seit Weinachten vorher an
Leberleiden hart niedergelegen u. bis zu seinem Tode sich nicht wieder vollständig erholt hatte. Ich war der Vorsehung immer dankbar, daß sie uns 5
Geschwister so lange beisammen ließ. Jetzt ist aber nun auch die Zeit des Scheidens gekommen. Dennoch habe ich Roberts Tod sehr beklagt, denn ich
hatte ihn aufs Neue liebgewonnen; über sein ganzes Wesen hatte sich eine freundliche Milde ausgebreitet, 6 Wochen vor s. Tode war er noch bei mir u.
wir waren übereingekommen, uns nun öfter zu sehen.
Die Wittwe führt mit dem 2ten Sohn das Geschäft fort. Roberts Sohn erster Ehe, zuletzt Lehrer in Meißen, ist im Nov. v. J. seinem Vater nachgefolgt.
Leider hatte dieser unserm guten Bruder viel Kummer u. Sorgen durch seine unordentliche Lebensweise verursacht. – Am letzten 2ten Weinachtsfeiertag
ist auch die Frau, Deines alten Freundes Graf in Cölln b. Meißen an Gehirn-Entzündung gestorben. Ihr jüngstes Kind ist auch noch nicht aus der Schule.
– Die Schwestern Ottilie u. Clotilde befinden sich soweit wohl, der erstern wären bessere Kräfte zu wünschen, sie führt mir, wie Clot. dem Schwager
Wetzke, den Haushalt. Beide freuen sich sehr, Dich in diesem Jahre wiederzusehen und mir wird es außerordentlich interessant sein, von Deiner Familie,
Eurem Leben u. Einrichtungen Näheres zu erfahren. America hat mich überhaupt immer sehr angesprochen, seine Gebirgsformationen, seine mächtigen
Ströme, seine Vegetation möchte ich kennen.
Die Schwestern grüßen Dich herzlich und in der Hoffnung auf ein fröhliches Wiedersehen grüßt auch Dich, Deine Frau u. Deine Kinder
Dein
Dich liebender Vetter
A. Kilian
Major a. D.
Meine Wohnung allhier befindet sich: Rosenweg No. 29.
[Christian Symmank]