Serbin, 5 February 1874
Rev. C. Braun, Houston
Dear Colleague,
Your letter of 24 January of this year induces me to first of all thank you for the sending me the ticket and for your pretty picture. I am unable to
send you such good picture of me. Indeed, there was a traveling photographer who stayed with the Carl Lehmanns who took my picture. But the picture
turned out badly. Thus far my body has again gained its strength back this year so that I preach Wendish and German on all Sundays and festivals,
preach funeral sermons and perform all transactions required by my office. Just how it will be this summer I do not know. On the 22 of May I will be
63 years old and am listless and nervous. Therefore, I am not inclined to travel. I believe I will have a relapse. The division of the church in
Serbin is unnatural and therefore a constant misfortune.
Right now the main difficulty in the congregation is the lack of money. Personally I am doing well. But our church debt is a pain also for me in that
each year the creditors give their notice and press for payment. To be sure all of our creditors are church members. But often in money matters
charity ceases. Those who could give do not give and the lenders want their money. Sometimes I cannot sleep for half the night! Pastor Tirmenstein,
with whom a congregational meeting was held on 21 January is a very honorable man. But a person cannot help when God punishes so that it is proper for
me to say: “I will bear the Lord’s wrath, until He pleads my case.” Micah 7.
There was the plan, which President Bünger had and I also had during my last illness, in Serbin there should be a German and a Wendish congregation.
But the negotiations went nowhere. The Germans in my congregation did not want to go to the other congregation. Their Pastor Greif is perplexed
because he has several Wendish members who do not want to give up their mother tongue.
Enough for now. My wife sends her regards to you and your house, complains at night, is often sickly, and during the day performs her household
duties. For the most part my children are doing fine. I am glad that you and yours are still healthy and remain with friendly greetings in the Lord,
Yours faithfully,
Johann Kilian, Pastor
[Biar]
Serbin am 5ten Februar 1874
Rev. C. Braun, Houston
Geliebter Herr Amtsbruder!
Ihr Schreiben von 24sten Januar d. J. veranlaßt mich, Ihnen zuvörderst herzlichen dank zu sagen für das zugesendete Ticket und für Ihr
wohlgetroffenes Bild. Ich kann Ihnen kein so schönes Conterfei meiner Person schicken. Zwar hat reisender Photograph der einmal eine Weile in Hause
Carl Lehmanns sich aufhielt mich abgenommen. Aber das Bild ist mißrathen.
Ich bin in diesem Jahre meinem Leibe nach wieder so weit erstarkt, daß ich alle Sonn. und Festtage Wendisch und Deutsch predigen, Leichenpredigten
halten und die andere Geschäfte meines Amts besorgen kann. Wie es im Sommer gehen wird, weiß ich nicht. Ich werde am kommenden 22sten Mærz 63 Jahr
alt werde und bin unlustigen(?) und reizbaren(?). Da habe ich keine Neigung zu reisen. Denn ich muß doch wieder ins Elend zurück. Die
Kirchentrennung in Serbin ist eine unnatürliche und darum ein forte währendes Unglück.
In meiner Gemeinde ist die Hauptnoth gegenwärtig die Geldnoth. Ich für meine Person komme wohl aus. Aber unsere Kirchenschuld ist eine Pein auch
für mich, da jedes Jahr Gläubiger kommen, welche der sein Geld kündigen und drängen. Unsere Gläubiger sind zwar, alle Gemeindeglieder. Aber in
Geldsachen hört oft die Barmherzigkeit auf. Welche geben könnten, geben nicht und die Förderer wollen ihr Geld haben. Da kann ich nun manche halbe
Nacht nicht schlafen!
Der Pastor Tirmenstein, vor dem am 21sten Januar eine Versammlung meiner Gemeinde gehalten wurde, ist ein sehr lieber Mann. Aber ein Mensch kann
nicht helfen, wenn Gott straft. Da geziemt mir's zu sagen: Ich will des Herrn Zorn tragen, bis er meine Sache ausführe. Micha 7.
Wir hatten den Gedanken, der Präses Bünger u. auch ich in meiner letzten Krankheit, in Serbin sollte Eine Deutsche und Eine Wendische Gemeinde
werden. Aber die Verhandlung darüber lief schlimm ab. Meine Deutschen wollten durchaus nicht zu jener Gemeinde übergehen. Deren Pastor Greif in
Verlegenheit ist, weil er mehrere Wendische Gemeindeglieder hat, die ihre Muttersprache nicht aufgeben wollen.
Doch genug. Meine Frau, welche Sie u. Ihr Haus grüßen läßt, klagt oft bei Nacht kränkelt und besorgt doch bei Tage ihre häuslichen Geschäfte.
Meine Kinder sind meistens alle wohl. Ich freue mich, daß Sie mit den Ihrigen noch gesund sind, und bleibe mit freundlichen Grüßen im Herrn
Ihr ergebener
Johann Kilian, P.
[GRN; Biar]