Serbin 2 September 1869
Rev. G. A. Schieferdecker, Mendota, Ills.
Dear Brother!
With your letter of August 9 you have afforded me an indescribable joy. Your letter comes to me like a blue sky, that up high remains quiet, while
down below heavy clouds gather, loaded with and emitting lightning and thunder. Your letter contains something of the peace of eternity, from which a
favorite song of my people “O you chosen children” says in the Verse which the Wends like to teach their little children and which beings with the
words “O how lovely it will ring in the quiet of eternity.” Your letter is like old wine, from Luke 5:39: “And no one after drinking old wine desires
new; for he says, ‘the old is good.'"
The fact that you love and honor my dear Prof. Walther, even when he errs, makes me very happy. Yet truth must be worth even more. As was the case in
the year of Bergmann’s writing concerning interest [on loans] come up to me, I wrote Prof. Walther immediately, that I would go with the opposition,
and asked him to be in a position, to favorably take up my most impudent letter. Friend Walther, friend Bünger, friend Schaller, friend Fick, friend
Lindemann, sed magis amica veritas. My resignation letter to Prof. Walther in case it is ever written, would have specific consequences. But it must
become very bad if I would let my Walther go. In Serbin a heartbreaking scene would confront me if I actually get serious about moving away. I fear
that I may not be able to free myself.
I was in an agitated state when I wrote. My thoughts, however, that I shared with you, are perhaps worth keeping private.
The congregation at Serbin, during my entire presence here, has been disturbed by the question, “Luther or Arndt (Spener, Franke).” This question,
however, is here and even though evidently to only a few. If I ever just once bring out publically the answer to this question, a storm would follow.
Only my call prevents me from doing it. The true Christendom of the Reformation and the “true Christendom” of Arndt is fundamentally divided. Only the
holy mysticism of the Halle people and the Herrnhut people and the Bohemian and Moravian Brethren speak the most to me. Such hymns as “Radiant is the
inner life of a Christian,” “O how holy are the souls,” “Now I have a raiment” are favorite hymns of pious Wends Certainly all the coarseness of the
German original is eliminated through the superior Wendish translations. We also have Easter hymns with glorious melodies that have been translated
from German and that cannot be found anywhere in German. So I close now, for today. In the future you will receive more ___
Yours faithfully united in the Lord,
Johann Kilian P.
[Added later: This letter that I sent to Pastor Schieferdecker in Mendota in September 1869 has not been answered. 23 Sept 1874.]
[GRN; Biar]
Serbin am 2ten September 1869
Rev. G. A. Schieferdecker, Mendota, Ills.
Ehrwürdiger geliebter Bruder!
Sie haben mit Ihrem Briefe vom 9ten August mir eine unbeschreibliche Freude bereitet. Ihr Schreiben kommt mir vor wie der blaue Himmel, der hoch oben
ruhig bleibt, wenn unten drunten die schweren Wolken dahin ziehen, in denen und aus denen es blitzt und donnert. Ihr Schreiben hat etwas von der
Stille der Ewigkeit, von der ein Lieblingslied meines Volkes "O ihr auserwählten Kinder" sagt in dem Verse, den die Wenden gern ihre kleinen Kinder
lehren und der mit den Worten beginnt "O wie lieblich wird es klingen in der stillen Ewigkeit." Ihr Schreiben ist wie alter Wein, von dem es Lu 5, 39
heißt: "Und niemand ist, der vom alten trinkt und wolle bald des neuen, denn er spricht: Der alten ist milder."
Daß Sie meinen lieben Prof. Walther, auch wenn er irrt, lieb haben u. ehren, freut mich sehr. Doch die Wahrheit muß noch mehr gelten. Als von Jahre
den Bergmann'sche Schrift über die Zinsenfrage mir Zugekommen war, schrieb ich sofort dem Prof. Walther, ich wurde mit der Opposition gehen, und bat
ihn inständig, mein dreistes Schreiben gut aufzunehmen. Amicus Walther, amicus Bünger, amicus Schaller, amicus Fick, amicus Lindemnann, sed magis
amica veritas. Mein Abschiedsbrief an Prof. Walther, falls er je geschrieben werden sollte, würde die angegebene Tendenz haben. Aber es müßte schon
sehr schlimm werden, wenn ich meinen Walther fahren ließe. In Serbin stünden mir herzbrechende Auftritte bevor, wenn ich wirklich Ernst machte
fortzuziehen. Ich besorge, daß ich nicht los kommen werden.
Er war eine Aufwallung, in der ich Ihnen schrieb. Meine Gedanke aber, die ich Ihnen mittheilte, sind vielleicht doch des Aufbewahrens werth.
Die Gemeinde zu Serbin wird die ganze Zeit meines Hierseins durch die Frage, "Luther oder Arndt (Spener, Franke)" beunruhigt. Diese Frage ist jedoch
hier und allerwärts nur etliche Wenigen deutlich. Komme ich einmal der Beantwortung dieser Frage öffentlich heraus, so wird's Wetter geben. Es fehlt
mir nur noch der Beruf dazu. Das wahre Christenthum der Reformation und das "wahre Christenthum" Arndt's ist wesentlich verschieden. Das geträue mir
zu ich beweisen.
Nur die heilige Mystik der Hallenser und Herrnhuter und der Böhmischen und Mährischen Brüder spricht mich außerst an. Solche Lieder z. B. wie "Es
glänzet der Christen inwendiges Leben." "O wie selig sind die Seelen" "Nun hab ich ein Kleid" sind Lieblingeslieder frommer Wenden. Freilich ist alles
Unzarte der Deutschen Originale durch die vortreffliche Wendische Übersetzung verwischt. Auch Osterlieder mit herrlichen Melodien haben wir, die aus
dem Deutschen übersetzt sind und die ich doch Deutsch nirgends finden kann. Doch ich schließe für heute Künftig mehr Behalten Sie lieb, wie Sie
thun, Ihren im Herrn verbundenen ergebenen
Johann Kilian, P.
[Added later: Auf diesem Brief, den ich im Septbr 1869 an den Pastor Schieferdecker nach Mendota absandte ist bis jetzt kein Antwort erfolgt. Serbin
am 23sten Sept 1874.]
[GRN; Biar]